Freitag, 11. August 2006
Erste Reaktionen...
Montag, 7. August 2006
Willkommen! Welcome! Bienvenue!
artist against war, 23:41h
Wir sind eine Gruppe Berliner Künstler unterschiedlicher Herkunft und Freunde des Libanon.

Wir haben uns als Reaktion auf den am 12. Juli 2006 ausgebrochenen Libanon-Krieg zusammengeschlossen, um über unser künstlerisches Wirken gegen diesen Krieg zu protestieren.

Unser Anliegen ist es, nicht nur über die politischen Verhältnisse aufzuklären, sondern aus einer humanistischen Motivation heraus, die Öffentlichkeit für die Grausamkeiten und die Bedingungen des Krieges zu sensibilisieren. Deshalb wollen wir die Aufmerksamkeit nicht nur auf die Todesopfer, sondern auch auf die humanitäre Katastrophe im Libanon lenken.

Wir möchten keine politische Agitation betreiben und doch sind wir Teil der politischen Geschehnisse und stehen somit, ob wir es wollen oder nicht, in einem politischen Kontext:

Wir stehen für einen souveränen, demokratischen Libanon, der in Frieden mit seinen Nachbarn lebt.

Doch die erste und notwendigste Forderung zur Zeit lautet: Sofortiges Ende der Gewalt!

Wir wollen deshalb diesen Blog nutzen, um zu vernetzen und zu informieren.


Künstler gegen den Krieg.
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chat atkins, Dienstag, 8. August 2006, 19:20
Tatsächlich? Nur gegen den Krieg Israels?

Nebenbei - was treibt eigentlich derweil die libanesische Armee mit ihren 72.000 Mann? Habt ihr von der mal was gehört? Sind die alle im Urlaub?
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damiang, Mittwoch, 9. August 2006, 11:56
Armee!
Also ich persönlich bin unglaublich froh, dass sich die libanesische Armee trotz des Beschusses durch die israelische Armee nicht eingeschaltet hat. Desto mehr Waffen, um so mehr Tote. Ausserdem ist die Armee tatsächlich nicht im Urlaub, sondern dabei, die Stiefel zu putzen, da sie nunmal eine Parade-Armee ist.Deine Zahl ist weit übertrieben. Vielleicht sind 20.000 unter Waffen. Der Libanon hat keine allgemeine Wehrpflicht und es war immer eher ein Privileg, in die Versorgung der Armee aufgenommen zu werden. Auch im Bürgerkrieg hat sie nicht eingegriffen. Und ausserdem: die Armee ist immer ein Abbild der Gesellschaft. Und der Libanon ist durch ein gesellschaftliches und politisches System gekennzeichnet, das auf Konkordanz beruht. Wenn die Armee eingreifen würde, ohne ein Mandat wie z. B. durch die UN im Rücken zu haben, das durch alle Parteien unterstützt würde, wäre die Gefahr eines erneuten Bürgerkriegs unglaublich hoch. Das will niemand. Zu deiner einleitenden Frage "nur" Israel.Die Tagline lautet ja nicht "israels krieg gegen die hisbullah". Und angeblich will Israel keinen Krieg gegen den Libanon führen. Doch sind die Zerstörungen und die Verluste unter der Zivilbevölkerung bereits so immens, dass man nicht mehr von einer isolierten Aktion gegen die Hisbullah sprechen kann. Darüber hinaus hätte es andere Möglichkeiten gegeben, die Hisbullah zu entwaffnen, ohne den gesamten Libanon zu zerstören. Den Libanesen muss das Recht zugestanden werden, eine Unterscheidung zwischen dem Libanon und der Hisbullah zu treffen, ohne gleich unter Generalverdacht zu stehen, Verbündete der Hisbollah zu sein. Mehr dazu findest du unter "politische Diskurse" bei Themen. Danke
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rabe489, Dienstag, 8. August 2006, 19:25
Künstler
gegen den Terror
Das wär doch auch mal wichtig.
(ein Künstler)
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damiang, Mittwoch, 9. August 2006, 11:33
Terror?
Richtig! Doch dann definiere mir doch bitte den Begriff Terror. Nach Hannah Arendt sei das Wesen der totalitären Herrschaft der Terror. Etymologisch findet der Begriff seinen Ursprung in der Französischen Revolution als Robespierre den Terreur gegen die Reaktion ausrief. Der Terror sei nach Hobbes dem Staatswesen immanent. Und der Begriff des Staatsterrorismus beschreibt jene Form von Gewaltausübung eines Staates, die sich gegen bestehendes Recht wendet und unschuldigen Menschen Leid zufügt. Das ist u.a. die Argumentation israelkritischer Kräfte. Doch bleiben wir bei der Definition. Der Begriff Terror wird verwendet, um eine politische Bewegung zu stigmatisieren und zu delegitimieren. Es ist ein Kampfbegriff. Versuche der Wissenschaft (z. B. Guido Steinberg), den Begriff analytisch zu definieren, enden folgend: a) substaatliches Phänomen (Abgrenzung zum Staatsterrorismus, b) Machtasymmetrie, c) Gewalt, um eine politische Botschaft zu kommunizieren. In unserem Fall der Hizbollah, worauf Du wahrscheinlich hinaus möchtest, besteht das Problem darin, dass die Hizbollah auch eine demokratisch-legitimierte politische Partei ist (1. Kriterium) im Gegensatz z. B. zum terroristisch-transnationalen Netzwerks der "Al-Quaida". Dieses Definitionsproblem führt dazu, dass die EU-Kommission die Hizbullah nicht als Terrororganisation einstuft, im Gegensatz zur USA, Kanada und natürlich Israel. In der UN kam es nicht zu einer Entscheidung, da nunmal viele Länder der Welt (und nicht nur die "Bösen") die Hisbullah als eine "Befreiungsbewegung" verstehen. Also liegt das Problem darin, welche Identität der Hisbullah zugesprochen wird (mehr dazu findest du hier bei "politischen Diskursen" unter Themen). Was ich Dir hiermit vermitteln möchte, ist nicht, dass die Hisbullah ein legitimes Recht hätte, Israel zu beschiessen, sondern vielmehr, dass politische Kunst auf dem schmalen Grad zwischen politischer Reflektion und Objekt der Instrumentalisierung schreitet. Und diese Balance wird mit dem Begriff Terror gestört. Bei diesem Konflikt ist es schwer, diese Balance einzuhalten und ein Begriff entscheidet oft. So findest du in der Tagline dieses Blogs auch nicht "Israels Krieg gegen die hisbullah". Der Libanon ist ein komplexes Gebilde politischer und konfessioneller Verwebungen, das in den herrkömmlichen Kategorien schwer zu erfassen ist. Doch es gibt einen Minimalkonsens dieser Aktion hier, nämlich, dass die Hisbullah und der Libanon zwei verschiedene Dinge sind. Wir stehen für den gesamten Libanon.
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rabe489, Mittwoch, 9. August 2006, 11:53
So einfach läßt sich die Menschlichkeit nicht zerreden
Natürlich spreche ich von Hizbullah, aber auch vom islamischen Terror insgesamt überall auf der Welt...

[BILD VOM 11. SEPTEMBER; EINSCHLAG DES ERSTEN FLUGZEUGS IN DES WTC]

Mehr habe ich nicht zu sagen!
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damiang, Mittwoch, 9. August 2006, 12:20
Das tut weh!
Deine Reaktion war wie ein Stich ins Herz. Ich habe nur versucht, diskursiv mit Dir über den Terrorbegriff zu kommunizieren. Ich habe deutlich gemacht, dass diese Aktion nicht die Aktionen der Hisbullah unterstützt. Und du reagierst mit Kommunikationsabbruch. Es ist dieser Vorgang, der die Welt in Tod und Asche legen wird. Wenn Du im Namen der Menschlichkeit sprichst, dann stehe auch für sie ein. Verschliesse Deine Augen nicht, auch wenn Dir das Augenlicht geraubt wurde durch jene schrecklichen Bilder, die Du gepostet hast. Ich will Dich nicht belehren, doch wenn Du für Menschlichkeit bist und gegen Destruktion, verstehe ich nicht, warum Du gerade diese destruktive Handlung vollzogen hast. Es macht mich traurig. Ich hätte mehr zu sagen und auch mit Dir zu besprechen. Trotzdem danke ich Dir und hoffe, dass Du die Menschlichkeit findest.
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massuma, Donnerstag, 10. August 2006, 01:03
Autsch!
Das war eindeutig die falsche Reaktion, Hr. Künstler! Wenn Sie den Islam mit Terror gleichsetzen, darf man auch jederzeit die anderen Weltreligionen verteufeln. Das scheint ja die einfachste und naheliegendste Lösung zu sein. Terror ist kriminell und jeder friedliebende Mensch verabscheut kriminelle und menschenverachtende Handlungen, die im Namen Gottes (der irgendwie immer für menschliche Dummheit herhalten muß-der Arme!) vollzogen werden. Frieden ist eine tolle Sache, nur müssen BEIDE Seiten ihn WOLLEN!
Wenn die Parteien Israel und Libanon weiterhin ihre Grenzen verhärten, lebe ich im falschen Zeitalter, wünsche der Erde alles Gute und laß mich freiwillig auf den Mond schießen... Für ein bißchen Frieden würde ich sogar meine verehrte Großmama versteigern!:)
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rabe489, Donnerstag, 10. August 2006, 02:21
Doppelt "Autsch"
Ich sprach vom "islamischen Terror" und nicht davon, dass jeder Islamist Terrorist sei, Frau Massuma. Tatsache ist, und davor kann ich nicht die Augen verschliessen, dass Islamisten im Namen Gottes
und als Gotteskrieger unmenschliche Greuel in den letzten Jahren angerichtet haben. Soll ich z.B. an Beslan, Madrid, London usw. erinnern? Ist das noch nötig. Und man kann sicher nicht eine Religion gegen eine andere aufrechnen. Das nicht, aber warum sollte ich das Christentum des 21. Jahrhunderts verteufeln? Das verstehe ich nicht...Was die berechtigte und von mir geteilte Friedenssehnsucht betrifft, darf ich das Oberhaupt der katholischen Kirche zitieren:
Der Papst hat am Mittwoch erneut zum Frieden im Nahen
Osten aufgerufen. «Mit einem Herzen voller Trauer richte ich einen
dringenden Appell an alle, sofort alle Feindseligkeiten und alle
Gewalt einzustellen», sagte der Kirchenführer vor zehntausenden
Ministranten aus aller Welt, die zur Generalaudienz auf den
Petersplatz gekommen waren. Er erinnerte auch an die «schrecklichen
Bilder der toten Körper vieler Menschen, vor allem Kinder, speziell
in Kana im Libanon».

Nichts könne das Vergießen unschuldigen Blutes rechtfertigen: «Die
internationale Gemeinschaft und alle, die direkt an dieser Tragödie
beteiligt sind, müssen so schnell wie möglich die Bedingungen
schaffen, um eine endgültige politische Lösung der Krise zu finden,
die den kommenden Generationen eine heiterere und sicherere Zukunft
gewährleisten kann.» Der Papst hatte bereits während seines Urlaubs
im Aostatal und von seiner Sommerresidenz in Castel Gandolfo mehrmals
zum Frieden in der Region aufgerufen.
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damiang, Donnerstag, 10. August 2006, 13:19
Papst und die neokonservative Christliche Rechte in den USA
Um unseren "Künstler" etwas in den Schutz zu nehmen: Wahrscheinlich sprechen Sie von islamistischer Gewalt transnationaler Terrornetzwerke (islamistischer Terror), deren Gewaltanwendung natürlich unmenschlich und verabscheuungswürdig ist. Und mit Islamisten meinen Sie wahrscheinlich Anhänger einer religiös-fundamentalistischen Bewegung. Wahrscheinlich sprechen Sie auch von Muslims, so heissen nämlich die Gläubigen im Islam, die sie damit nicht verwechselt sehen wollen. Und das Papst Zitat war natürlich ein Schmankerl. Bloß verstehe ich nicht, was transnationaler-islamistischer Terrorismus, die Institution der katholischen Kirche, die politische Partei der Hizbullah, ihre militante Identität einer "Befreiungsorganisation" und ihr fundamentalistisches Islamverständnis mit diesem Blogg zu tun haben, der eine Künstlergruppe betreut, die sich gegen den Krieg im Libanon wendet. Vielleicht fehlt da einfach Wissen? Also, im Zeichen der humanistischen Aufklärung: Riesebrodt, Martin: Die Rückkehr der Religionen, München 2000 (Ein Werk, das fundamentalistische Protestbewegungen analysiert). Steinberg, Guido: Der nahe und der ferne Feind. Transnationale islamistische Terrornetzwerke, München 2005 (Hilft dabei, das Phänomen des islamistischen Terrorismus zu verstehen). Und nun, extra für den Herrn Künstler: Funke, Hajo: Gott Macht Amerika, Berlin 2006 (Eine Analyse der neokonservativen-fundamentalistischen Christlichen Rechte, die mit christlichem Heilsanspruch gerade dabei ist, die Welt von allem "Bösen" zu befreien und dabei Millionen von Menschen Leid zu fügt). Die Autoren sind allesamt Professoren für Politikwissenschaft, Soziologie oder Islamwissenschaft an deutschen oder US-amerikanischen Universitäten. Und wenn noch Verständnis für das Ziel dieses Bloggs aufkommen soll, verweise ich auf die Werke des Herrn Prof. Theodor Hanf, der als der deutschsprachige Libanonexperte gilt. Und um die Gefilde libanesischer Geschichte in eher prosaischer Form zu erkunden: Friedman, Thomas: Von Beirut nach Jerusalem.

Zum Papst: dass sich das Oberhaupt der kathol. Kirche so dezidiert gegen den Konflikt aussprach (obwohl? macht er das nicht immer? egal gegen welchen krieg? naja. kleines selbstgespräch.), liegt vielleicht daran, dass im Libanon ca. 40 % der Bevölkerung Christen sind.

Liebe Grüße
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warewahrheit, Donnerstag, 10. August 2006, 13:20
Warum "Künstler" und nicht "Menschen"?
Nicht daß ich jemandem unter euch den ehrenhaften Titel eines Künstlers absprechen wollte, denn das liegt wie so viele Dinge im Auge des Betrachters und auch der Selbstbezeichnung des Akteurs.
Doch genau diese wundert mich sehr und gibt mir zu denken:
Weshalb nennt ihr eure "Aktion gegen das Schweigen und den Krieg" eine Aktion von Künstlern und suggeriert hiermit eine Ausschließlichkeit, die nicht existiert. Grenzt ihr absichtlich die Otto-Normal-Verbraucher aus, wollt ihr nicht mit dem normalen Menschen identifiziert werden, für die ihr doch gerade eine Stellvertreterpublicity übernehmt? Besteht ihr auf diesem Konstrukt eurer Identität, das euch - scheinbar - von allen anderen unterscheidet?
Warum nennt ihr eure Aktion nicht - viel treffender -"Menschen gegen den Krieg"?
Denn, dass Menschen nicht immer Künstler sind liegt auf der Hand, aber dass Künstler immer auch Menschen sind, versteht sich von selbst...
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damiang, Donnerstag, 10. August 2006, 13:49
Error: Dikursebene zu krass
Liebe warewahrheit! Mein system hat mir grad ne fehlermeldung geliefert. die diskursebene ist zu hoch.
ausserdem müssten jetzt eigentlich die konzepteure der gruppe antworten. doch ich versuch es auch einmal: gute idee. problem: menschen gegen krieg wäre eine schwer zu definierende massenbewegung, und die ziele wären diffus, somit wäre es schwer, darüber zu mobilisieren und interessen zu bündeln (funktion einer bewegung). deswegen heisst ja die aktion "künstler gegen den krieg im libanon". darüber hinaus beschreibt "künstler" die protestform. also ensteht eine identität über die performativität der protestform. mit anderen worten: keine reine politische demonstration, sondern fragen der ästhetik spielen eine rolle und die frage nach der performance an sich. bei allen aktionen wurden minimalbotschaften transportiert und auf politische pamphlete verzichtet. so long. kannst ja noch einmal unter themen: kritik an den aktionen posten. PS: DIES BEDEUTET NATÜRLICH NICHT, DASS MENSCHEN, DIE GEGEN DEN KRIEG AN SICH SIND, SICH DADURCH AUSGESCHLOSSEN FÜHLEN SOLLTEN: GANZ IM GEGENTEIL. AKTION!
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rabe489, Donnerstag, 10. August 2006, 20:03
Kunst und Politik
"Doch die erste und notwendigste Forderung zur Zeit lautet: Sofortiges Ende der Gewalt! "(artists against war)

"Mit einem Herzen voller Trauer richte ich einen
dringenden Appell an alle, sofort alle Feindseligkeiten und alle Gewalt einzustellen" (Papst Benedikt XVI)

Da ich dem Wort des Papstes folge, soweit d'accord.
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Ansonsten empfinde ich Ihre Statements anmaßend Herr damiang. Die Literatur können Sie sich schenken, denn ich vermute, Sie argumentieren in dieser polemischen Weise, weil Sie das Herz (!) nicht auf dem rechten Fleck haben. Dies ist nun eine ganze andere Dimension der Argumentation, die Ihnen - obwohl Sie sich wohl als Künstler sehen - dennoch vollkommen fremd sein wird. Ihre "künstlerische" Protestform beschreiben Sie mit den Worten:
keine reine politische demonstration, sondern fragen der ästhetik spielen eine rolle und die frage nach der performance an sich. bei allen aktionen wurden minimalbotschaften transportiert
Verzeihen Sie, das ist abstrakter
Quatsch
.
Wenn man vom Primat der Kunst ausgeht, dann hätte ich gern gewußt, worin die künstlerische Dimension Ihrer politischen Handlungen besteht. Ich vermute, Sie möchten die Kunst dienstbar machen, "vehicle art" (Beuys) mglw., ich vermute, Sie möchten die Kunst für politische Zwecke benutzen, ich vermute, es geht Ihnen garnicht mehr um die Kunst, sondern um Agitation und Propaganda für Ziele, die Sie jenseits Ihres Manifestes noch garnicht offengelegt haben.

Was veranlaßt mich zu diesen Vermutungen? U.A. die Form Ihrer Formulierungen (wäre es schwer, darüber zu mobilisieren und interessen zu bündeln (funktion einer bewegung) die mich - ich kann nichts dafür - stark an den stalinistischen Jargon der K-Gruppen der 70er Jahre (siehe aber weiter unten) erinnern. "Massen mobilisieren (mobil machen)", Interessen werden nicht kundgetan, sondern gebündelt, und "die Bewegung" hat eine "Funktion" statt ein "Anliegen".

"Wir stehen für einen souveränen, demokratischen Libanon, der in Frieden mit seinen Nachbarn lebt."
Sie wissen doch, dass in den 70er Jahren, es eine "Bewegung" für ein "demokratisches" Kambodcha gegeben hat und heraus kam das Terrorregime des Pol Pot. Sie wissen doch, dass sich auch der Stasi-Staat "demokratisch" nannte usw. Wenn Sie auf Zuspruch abzielen, müssen Sie Ihren Begriff vom "demokratischen Libanon" mit Leben füllen. Welchen Demokratiebegriff legen Sie zugrunde, den abendländisch-westlichen etwa, das würde mich wundern. Ich weiß, dass das Alles Sie nicht anrühren wird, denn Ihr Auftreten legt nahe, dass Ihre Position verhärtet ist und nicht weit vom Dogmatismus und Fundamentalismus entfernt ist. So ernst es mir ist mit einem Ende der Gewalt im "Nahen Osten", so bedaure ich feststellen zu müssen, dass ein Dialog mit Ihnen nicht möglich ist. Sie haben mir tatsächlich - was Ihre Überheblichkeit angeht - tatsächlich die Augen geöffnet.
Im Moment habe ich Ihren Flyer geöffnet und da stelle ich fest, dass Ihre Aktion noch von einer Variante im Namen Ihrer Gruppe spricht:
"Berliner Künstler gegen den Krieg Israels im Libanon"

und weiter fand ich die Information:

">Samstag, 12.08.2006 Berlin: Demonstration "Stoppt den Krieg gegen
>Libanon und Palästina", Auftakt: 15 Uhr, vor dem Roten Rathaus, anschl.
>Demonstrationszug zum Pariser Platz, Abschluß: Pariser Platz, VA:
>breites Bündnis (Achse des Friedens; American Voices Abroad;
>Anti-G8-Bündnis; Arabische Kulturgesellschaft; Arbeitskreis Nahost;
>attac AG Globalisierung und Krieg; Berliner Initiative für Frieden in
>Nahost; Dachverband Arabischer Verein; ...)"

Nun sieht man klarer

Wie steht es also mit folgender Formulierung:
"Die darauf folgende Aufgabe ist nun, dass die nach Unabhängigkeit strebenden, die antiimperialistischen, revolutionären und kommunistischen Kräfte der Türkei, des Irans, Syriens, des Libanons, Palästinas, Jordaniens, des Iraks, Kurdistans, Zyperns, Saudi-Arabiens und Ägyptens, oder kurz gesagt, aller Länder, die das Projekt Größerer Mittlerer Osten umfasst, sich an dieser Plattform beteiligen und den vereinten, konsequenten, antiimperialistischen politischen Kampf stärken.

17) Der antiimperialistische Kampf muss
von einer abstrakten und allgemeinen Solidarität und Unterstützung zu konkreten, aktuellen und praktischen Aufgaben und Zielen geführt und vom Nur-Protestlertum befreit werden
. Er muss sich auf die militärische, politische, wirtschaftliche und organisatorische Existenz der imperialistischen Kräfte konzentrieren. Dies kann einerseits mit dem Protest gegen die NATO, den IWF, die WB und die G8 realisiert werden und andererseits mit dem Protest gegen den Besuch von imperialistischen Chefs in verschiedenen Ländern und militanten Aktionen zur Verhinderung von Waffenexport und -Transport.
Das stammt von hier

also:
[BILD: SOWJETSTERN]

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damiang, Freitag, 11. August 2006, 10:23
Ich darf doch bitten.
Langsam fangen Sie wirklich an, mich zu amüsieren. Wissen Sie, eines der Nachteile computervermittelter Kommunikation ist, dass man den Gegenüber gar nicht einschätzen kann. Ich glaube, wenn wir uns persönlich begegnen würden, würden Sie erkennen, dass wir wahrscheinlich in unseren Ansichten nicht stark differieren.
ALSO: 1.) die Funktionen einer Bewegung stammen aus: Niedermayer, Oskar: Bürger und Politik.Politische Orientierung und Verhaltensweisen der Deutschen, Berlin 2005. Die vorgestellten Funktionen einer Bewegung oder Partei sind auf die theoretischen Prämissen eines Rational-Choice-Ansatzes zurückzuführen, was überhaupt nichts mit Stalinismus zu tuen hat. Diese Funktionen einer Bewegung sind zur Zeit Grundwissen in der Politikwissenschaft.
2.) Ich selbst habe mich nie als Künstler dargestellt und bin nur Teilnehmer an den Aktionen.
3.) Die Veranstaltung, die Sie so breit zitieren und darüber versuchen, einen Rückschluss auf meine politische Gesinnung vorzunehmen, haben Sie unter der Rubrik "andere Veranstaltungen" gefunden. Vielleicht müssten wir noch einen Disclaimer einfügen, dass wir natürlich nicht mit den Inhalten externer Veranstaltungen...
4.) Ja. Für eine Demokratie "abendländlicher" Natur, falls Sie damit eine parlamentarisch-repräsentative Demokratie meinen, die bereits im Libanon besteht.
5.) Sie langweilen mich.
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chat atkins, Freitag, 11. August 2006, 10:39
Die ganze Aktion kommt mir allmählich vor, wie so'ne artifizielle Katjusha-Rakete: Die hat auch 'ne geringe Reichweite - und kein Mensch weiß, wo sie landet.
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damiang, Freitag, 11. August 2006, 10:43
Lustig!
Endlich mal jemand mit Humor.
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artist against war, Freitag, 11. August 2006, 10:58
Genau!
Und deswegen Schluss mit lustig. Weitere Beiträge unter Themenkategorien.
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Dienstag, 8. August 2006
E-Mail Diskurs
Liebe Freunde,

in Nürnberg, meiner Geburtsstadt, würde man sagen: Do binn'i in wos naih-trähtn...*

Nachdem mich die Ankündigung der "Totenstille"-Aktion erreicht hat, habe ich sie schlicht weiter gemailt, zumal mir der Absender Damian - ein Freund von Laura - als seriöse Quelle bekannt ist.

Nachdem ich mir von der Aktion am Potsdamer Platz sozusagen ein mehrfaches Bild gemacht habe - und interessanter Weise habe ich Dich, Damian, auch nicht bemerkt (und auf den Bildern auch nicht entdecken können) - , mailte ich auch die Pics davon herum.

Lieber Ray: Aus dem bloßen Herumschicken solltest du keinen einfachen Rückschluss auf die Position des Versenders machen - bekanntllich sind der Bote und die Botschaft nicht dasselbe. Auf keinen Fall wollte ich dich beleidigen.

Tatsache ist - und ich denke da sind sich alle in dieser Mail-Runde einig - , dass allein in den letzten Tagen hunderte von Zivilisten auf beiden Seiten umgekommen und massive Zerstörungen erfolgt sind, ist unerträglich und muss gestoppt werden. So wie Israel ein Recht hat sich zu wehren und zu überleben, so hat auch der Libanon mit seinen Bevölkerungsteilen ein Recht auf unversehrtes Leben, was die Verteidigung einschließt. Das Problem ist offensichtlich: Wie dahin kommen ?!

Ich bin nicht so unbeteiligt, wie es scheint, Damian, ich bin eher ziemlich ratlos - und denke: Dringend notwendig ist es da, Spannungen, Unaufgelöstes, ja Widersprüchliches erst einmal so zur Kenntnis zu nehmen, auszuhalten --- um dann vielleicht weiter zusehen.

Drum nehme ich mir auch die Freiheit, alle Beiträge allen zugänglich zu machen. Und ich stelle gerade fest, dass ich einen pro-israelischen Tagesspiegel-Artikel nicht an alle verschickt habe - der stand nämlich am Anfang von meiner Mailerei (und die "Totenstille"-Aktion war sozusagen der Kontrapunkt, lieber Ray) - , was ich hiermit nachhole: (http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/23.07.2006/2672868.asp#).

Wahrscheinlich habe ich nicht genügend Zeitung gelesen (und sicher gibt es noch bessere Artikel - Laura, das müssen wir noch besprechen) - aber dieser scheint mir insofern immer noch wichtig, als er aus der Politik Israels eine gewisse rationale Logik glaubt herauslesen zu können (die mir nicht immer so ohne weiteres deutlich war).

Daraus folgt nicht für mich, dass ich die Positionen einfach teile - denn die gegenwärtige Verschärfung ist unerträglich (s.o.) - und Damians differenzierte Argumentation kann und will ich nicht einfach beiseite schieben (zumal sie auch eine Menge rationales Kalküll beinhaltet).

Wenn aber bestimmte begründbare Positionen auf beiden Seiten zu finden sind ( - und ich sehe davon ab, dass sicher noch mehr Seiten und zudem weniger rational begründete Parteiungen im Spiel sind - ), dann muss es (zumindest zwischen diesen beiden) auch Verhandlungsmöglichkeiten geben, wenn und indem die unterschiedlichen Seiten sich zur Kenntnis und ins gegenseitige Kalküll nehmen.

Gewiss ist Israel unter den Gesichtspunkten Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit ein sehr wichtiges Land für den Westen (wenn nicht das wichtigste zusammen mit der Türkei) in dieser Region - aber wie es so ist mit den "Vorposten", sie drohen manchmal monsterhafte Züge anzunehmen. Gerade die Ideologie des sog. Kriegs der Kulturen befördert in meinen Augen solche Verzerrungen, indem die demokratischen und rechtsstaatlichen Potentiale außerhalb des "Vorpostens" übersehen und unterschätzt werden und umgekehrt undemokratische fundamentalistische Positionen in Israel übersehen werden (die zum Glück nur eine Minderheit ausmachen). Liebe Anke: Ich glaube dich zu verstehen (und teile deine Empörung, was unser Heimatland betrifft ausdrücklich) - aber verdienen nicht auch "westliche" Bewegungen außerhalb der Vorposten unsere Sympathien und unsere Unterstützung, auch wenn sie noch erst in der Entwicklung sind - bzw. wenigstens unser vorsichtiges Vorgehen etc.?

Hilft da die Geschichte des Kalten Krieges weiter? Sicher ist vieles anders, aber bedenkenswert erscheint mir doch, dass der Grundstein für seine Überwindung in der Entspannungspolitik gelegt wurde, als unter prinzipieller Wahrung der unterschiedlichen Positionen und deren defacto-Anerkennung nach praktischen, den Frieden sichernden Kooperationsmöglichkeiten gesucht wurde und solche auch zunehmend gefunden wurden, welche die Blöcke schließlich in Bewegung brachten. (Ein Einwand könnte lauten: Das war nur möglich, weil das westliche Kalküll des Tot-Rüstens aufgegangen ist, indem der wirtschaftliche Zusammenbruch des Ostens bevorstand. Was hieße das für den Nahost-Konflikt oder besser: für die Nachost-Konflikte?)

Nach dieser Abschweifung, während weiter geschossen, verschleppt, bombardiert und geflohen wird, zu den unaufgelösten Widersprüchen der Gegenwart: Ich bin heute zufällig in eine pro-israelische Demonstration am Steinplatz geraten - da mir niemand eine Mail geschickt hatte, so hatte ich keinen Foto dabei, Pics gibts darum jetzt keine und Bekannte hab ich leider auch nicht getroffen. Die wenigen Transpartente waren sehr zurückhaltend - hab mir deren Text nicht gemerkt, da ich noch nicht ahnte, darüber eine Mail zu schreiben - und Klesmer-Musik wurde erfreulicherweise auch nicht gespielt ! Klar: Eine Kunstaktion auf dem Potsdamer Platz und eine Demo am Steinplatz sind verschiedene Dinge - aber berechtigt sind und waren sie beide.... - wie kommen die zusammen?

Fest steht immerhin, wenn Kunst-Aktionen und Demonstrationen stattfinden, wenn verhandelt, Musik gemacht und Fußball gespielt wird..., so lange schießen die Beteiligten nicht ...

So und jetzt lass ich einfach alle Mails nachfolgen (die aktuellen zuerst), so dass alle alles nachvollziehen können; und bei einer Fortsetzung bitte ich darum, einfach an alle zu schreiben...

Hubert
* Da bin ich in etwas hinein getreten...

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Lieber Hubert, der Anhang zur ersten mail war auf meinem PC nicht zu öffnen, ich weiß nicht, warum. Die Fotos der "Kunstaktion" habe ich gesehen, ehrlich gesagt, würde ich das so auch nicht unterstützen und ich kann Rays Reaktion gut verstehen. Ich denke, die Israelis kämpfen erstens um ihre Existenz - und darin sollten wir alle sie unterstützen - und zweitens führen sie auch quasi einen Stellvertreterkrieg für uns und auch deshalb sollten wir sie nicht allein lassen - es geht nicht um Solidarität, es geht auch um das, was wir die "westlichen Werte" nennen...und wo hier gefeiert wird, während Israel sie und sich verteidigen muß und es so aussieht, daß niemand ihnen wirklich hilft.
Ich habe mich auch gefragt, wo sind die Angebote an jüdische Flüchtlinge, die wir aufnehmen und denen wir helfen könnten? Die Printmedien geben ein differenzierteres Bild, aber im TV zeigen die Bilder vorwiegend die "armen libanesischen Opfer" und es geht um "Deutsche", denen geholfen wird, Israel erscheint als der große Aggressor. Israel hat bedingungslos geräumt und es ist weiter beschossen worden und die Selbstmordattentate haben nicht aufgehört. Es geht nicht um palästinensische Befreiungsbewegungen, sondern um Terror - und leider habe ich durch meine langjährige Stalkererfahrung eine Ahnung davon gekriegt, was Terror ist.
Ich bin hier eindeutig parteiisch für Israel und finde diese "Kunstaktion" hierzu völlig unpassend und ich verstehe das Anliegen nicht, "die Mauer des Schweigens und der Unmenschlichkeit aufzubrechen" - die gibt es doch garnicht. Aber es gibt in diesem Land "Jungendliche"(zwischen 25 -30 Jahren), die das Tagebuch der Anne Frank verbrennen und der Bürgermeister sagt nichts dazu.
Und als ich neulich einen wunderschönen Samstag auf der Datsche meiner russisch -jüdischen Freunde in Königswusterhausen mit viel Schwimmen in der Idylle verbracht habe, lese ich am nächsten Tag, daß an eben diesem Ort zwei Männer zwei Österreicher z. T. krankenhausreif geschlagen haben, die eine israelische Flagge hatten.
Es gibt eine gute Doktorarbeit (Doktorvater Heiner Keupp) von Gudrun Brockhaus, veröffentlicht im Kunstmann Verlag "Schauder und Idylle" - Faschismus als Erlebnisangebot.
Außerdem kann ich emppfehlen Samuel P. Huntington "Kampf der Kulturen" - die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert...für mich habe ich erkannt, die Nach-3.-Weltkriegszeit-Parole W.Borcherts "Nie wieder Krieg" ist so nicht mehr haltbar...die Verhältnisse, sie sind nicht so...
Dies in Eile, ich bin v. 30.7.-9.8. auf Rügen, vielleicht können wir uns danach mal sehen. Viele Grüße an alle mit den besten Wünschen, Eure Anke.
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Lieber Hubert!

Vielen Dank für Deine unbeteiligende Teilnahme! Habe Dich nicht gesehen,
somit hast Du die Rolle des objektiven Beobachters perfekt erfüllt.

Nun hat sich wenigstens ein Reflex auf die "unreflektierte Scheisse" durch
Deinen hoffentlich nicht allzu erbosten Freund Ray eingestellt, der damit
der unreflektierten Scheisse eine diskursive Reflektionsebene gegeben hat
- dank sei der Dialektik und Ray!

Ich muss antworten, auch wenn Ray und ich uns nicht kennen. Erstaunlich
finde ich, dass trotz des geringen Informationsgehalts der Bilder so eine
starke Reaktion ausgelöst wurde. Totenstille lautete die Devise. Keine
politischen Pamphlete, keine Propaganda. Zwar keine israelischen Fahnen,
dafür aber auch keine Hisbollah-Flaggen (die wurden, wie auf CNN gesehen,
bereits alle durch die israelische Armee als Trophäen nach Eretz Israel
verfrachtet). Sicher ist, dass keiner der Teilnehmer jener Protestform nur
im geringsten Unterstützer der Hisbollah war. Und erstaunlich ist, dass
eben trotz der minimalen Botschaft eine so starke Interpretationsleistung
erfolgte.

Als Olmert davon sprach, dass es an der Zeit wäre, Libanon 20 Jahre in die
Vergangenheit zu bomben, war die Agenda klar: die Hisbollah, die eine
ständige Bedrohung der israelischen Sicherheit darstellt, hunderte von
unschuldigen Leben und auch Soldaten tötete, konnte aus der Logik der
militärisch-machtpolitischen Doktrin heraus nur durch die Zerstörung
Libanons bekämpft werden.

Die Hisbollah hat zwei Gesichter: einerseits der militärisch-militante
Flügel, der sich der "Befreiung" Libanons verschworen hat und andererseits
der Flügel, der soziale Einrichtungen unterhält und mittlerweile ins
politische System des Libanons integriert wurde.

Es ist gerade dieser zweite Aspekt, der zu einer Problemlösung hätte
führen können. Die libanesischen Parteien waren längst über eine
Toleranzhaltung gegenüber der Hisbollah als demokratisch-legitimierte
Partei heraus, sogar die christlichen Aounisten waren dabei,
Vertragsregelungen mit der Hisbollah zu schliessen, die die Hisbollah in
einen normativen Rahmen gezwungen hätte und das fragile Gesamtbild des
politischen Systems des Libanons wäre gestärkt worden. Nach und nach war
die Hisbollah dabei, eine Transformation zu begehen; von einer militanten
Untergrundorganisation zu einer moderaten Interessensvertretung der
schiitischen Libanesen, so wurde zb die Etablierung eines islamischen
Staats aus der Programmatik gestrichen und die religiösen Gerichte der
Hisbollah wurden aufgelöst, wodurch die judikative Gewalt wieder dem Staat
unterstellt wurde. Ähnlich hätte es mit dem programmatischen Ziel der
Zerstörung Israels aussehen können. (Bürokratisierungtransformation)

Die Hisbollah muss im Interesse aller Libanesen und Israels entwaffnet
werden. Doch konnte dies nicht geschehen, da die Argumente auf Seiten der
Hisbollah standen und der libanesische Staat zu schwach war. Ja, auch die
Hisbollah ist eine Organisation, die sich nach rationalen
Argumentationsmustern verhält, auch wenn die Sprache an manchen Stellen
einer Übersetzung in rationale Kategorien bedarf.

Ihr Argument sind die verbliebenen Gefangenen in Israel und die
Schebaa-Farmen. Dieses Argument legitimierte und bildete ihre Identität
als "Befreiungsorganisation". Ich habe den Libanon (Israel auch) nun seit
ca. 10 Jahren jährlich besucht und was ich erlebt habe, ist eine
sukzessive Abnahme der Unterstützung Hisbollahs durch die Bevölkerung.
Schleier in den Strassen verschwinden, Hisbollah-Familien treffen sich mit
christlichen Familien, ein moderater Code of Conduct etablierte sich.

Doch diese Entwicklung ist gebrochen und damit auch der Prozeß einer
Identitätstransformation der Hisbollah.

Wenn Israel wirklich Frieden wollen würde, müsste sie der Hisbullah ihre
Argumente entziehen und gleichzeitig aufhören, die Bewegung zu
stigmatisieren. (Das alte Spiel: Wer ist Terrorist? EU-Kommission sagt
Nein, UN hat allg. Definitionsproblem, USA und Kanada sagen Ja)

Anstatt dessen ist wiederum eine Generation traumatisiert, die
Stigmatisierung Israels als Erbfeind erneut bestärkt und islamistische
Organisationen werden erneut Rekrutierungsrunden begehen können.

Alle Seiten müssen ihre Pflicht tun. Israel muss genauso die
UN-resoultionen befolgen, wie der Libanon und die Hisbollah. Und schön
wäre es, wenn Israel auch die Präsidentenresolutionen des
UN-Sicherheitsrates befolgen würde, die nicht durch ein Veto der USA
gekennzeichnet sind.

Und der Libanon? Ja, der Libanon. Der Libanon wird durch den brennenden
"Sommerregen" wahrlich 20 Jahre zurückgeworfen. Wirtschaftlich, sozial und
politisch. Ich will an dieser Stelle nicht explizit weitere Opferzahlen
kundtun, ich frage nur, warum ein ganzes Land zur Geisel genommen wird und
ich frage mich auch, ob das Ziel Israels wirklich mit der Zerstörung eines
ganzen landes, das angeblich keinen Feind darstellen würde, erreicht
werden kann. Ich glaube nicht.

Und die Leichen lagen unter libanesischen Flaggen, weil der Libanon in
seiner Geschichte immer wieder zum Objekt fremder Mächte wurde:
Frankreich, der PLO, Syriens, Israels, Iran, USA...und der Libanon, als
das Konstrukt, das es darstellt - nämlich die zur Realität gewordenen
Utopie einer Gemeinschaft unterschiedlichster Ethnien und Konfessionen auf
engstem Raum- wurde kontinuierlich instrumentalisiert und dadurch wurde
dieser ortlose Ort immer wieder zerstört.

Doch eine Antwort kann ich geben. Ray hat gefragt, ob Israel kein recht
habe, sich zu verteidigen. natürlich hat es dies. Und die Hisbollah auch.
Um mit unserer Kanzlerin zu sprechen: wir dürfen Ursache und Wirkung nicht
verwechseln (PS: Schöne Sprachregelung durchs Bundespresseamt). Ich bin
mir sicher, dass der Hisbollah eine andere Ursache, bzw. Kausalitätskette,
zum jetzigen Konflikt einfallen würde. Solange der Nahe Osten nach dem
archaischen Prinzip des Alten Testaments handelt, wird kein Frieden
herrschen.

Es ging bei der Protestaktion nicht um Überzeugungsarbeit, um die
grausamen Israelis zu entlarven, das erledigen die TV-Bilder (ach wie
schön polemisch). Es ging darum, zu stören. Denn nur wenige der Passanten
kannten die libanesische Flagge, viele haben gefragt und kein Wort wurde
über Israel verloren. Durch diese stille Protestform sollte ein Diskurs
ausgelöst werden, der eigentlich nicht in den rüden Äußerungen Rays enden
sollte.

Abschliessend muss ich noch eingestehen, dass ich nicht an der Konzeption
der Aktion beteiligt war. Ich würde mir etwas anderes vorstellen:
"Leichen", bedeckt mit weißen Tüchern, kreisförmig "umzingelt" durch
libanesische, israelische, US-amerikanische, französische, deutsche usw.
Fahnenträger.

Jetzt noch ein Wort zu den "Kunstspinnern": ich bin glücklich, dass Kunst
eine Form der Sublimierung darstellt, die sich nicht in direkter Gewalt
ausdrückt.

Nun gut. In the end: c'est la raison du plus fort qui est toujours la
meilleure.

Nach einer hitzigen, fünfstündigen Diskussion mit einer Israelin wurde ich
gefragt, was ich als Premier Israels tuen würde. Meine Antwort: Ich würde
mich medienwirksam vor den UN-Sicherheitsrat stellen, verkünden, dass ich
die libanesischen Gefangenen frei lasse und die Shebaa-Farmen abtrete. In
sofortige Friedensverhandlungen mit dem Staat Libanon treten möchte und
die Entwaffnung der Hisbollah fordere. Es hätte nicht lange gedauert und
das "Tier" Nasrallah hätte einlenken müssen oder er hätte einen
Bürgerkrieg im Libanon zu verantworten, der dazu geführt hätte, dass die
Hisbollah wirklich ausgemerzt worden wäre. Und Israels Libanon-Grenze wäre
befriedet - so oder so.

Warum dies nicht geschieht, ist ein anderes Kapitel. Vielen Dank.

Ich hoffe, dass die Gewalt im Libanon und in Israel bald enden wird.

Liebe Grüße


Damian


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Lieber Ray,

sicher stellen sich solche Fragen - aber eine israelische Flagge (geschweige denn mehrere) war objektiv gewiss nicht aufzutreiben, da die allermeisten von Hamas und Hisbollah etc. schon verbrannt worden sind.

Aber schön ist er doch, der Potsdamer Platz, nicht wahr - besonders mit dem gefakten Gebäude.

Mit Besserungswünschen nach allen Seiten
grüßt
Hubert


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Herzlichen Dank, lieber Hubert, für die unreflektierte Scheiße, die Du an mich und andere per Email geschickt hast. Ich nehme Deine persönliche Beleidigung zur Kenntnis.

Gott, wie liebe ich moderne Kunst und ihre Fähigkeit, in die Herzen der Menschen einzudringen und alle noch so komplizierte Probleme auf so simple und intelligente Weise zu erklären. Schön die Idee mit den Künstlerleichen eingehüllt in einer libanesischen Flagge auf dem äußerst gefährlichen Potsdamer Platz „auszustellen“. Das hat bestimmt viele (sieht man ja auf den Photos, wie viele es nun wirklich waren) Menschen davon überzeugt, wie furchtbar die aggressive Israelis sind. Ich gehe davon aus, dass die objektive Künstler keine israelische Flaggen gefunden haben, unter denen sie die israelische Leichen „ausstellen“ konnten, nicht wahr?

In der real existierenden Welt, nicht in der Welt der künstlerischen Spinner, waren es doch die Hezbollah-Milizen, die acht israelische Soldaten an der Grenze ermordeten und zwei weiteren entführten. Es war also diese „Kunstaktion“, die zu dem führte, was folgte. Haben nun Israelis kein Recht, sich zu verteidigen, wenn angegriffen? Hör’ doch zu, was Nasrallah so alles sagt. Ist die Hezbollah eine friedliebende Organisation, die es nur gut mit Israel meint?
Du sollst Dich schämen!!!
RAY
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im anhang findet ihr einige pics vom potsdamer platz...

hubert

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Liebe Familie!

Hier findet ihr einen Aufruf einer Berliner Künstlergruppe, die gegen den
gegenwärtigen libanesisch-israelischen Konflikt protestieren wird.

Liebe Grüße

Damian




Liebe Freunde,

BITTE LEITET DIESE E-MAIL AN EUREN FREUNDEN WEITER UND KOMMT ZAHLREICH ZUR
AKTION.
ALLEIN EURE ANWESENHEIT, IST EINE GROßE UNTERSTÜTZUNG!!

PRESSEMITTEILUNG

Kunstaktion „Totenstille“
Berliner Künstler gegen den Krieg Israels im Libanon

Donnerstag, 27. Juli 2006
10:00 Uhr: Auswärtiges Amt
11:30 Uhr: Gendarmenmarkt (vor dem französischen Dom)
13:00 Uhr: Pariser Platz
17:00 Uhr: Wittenbergplatz - U Bahnhof (Ausgang zum Kadewe)
18:30 Uhr: Potsdamer Platz ( Bürgersteig, Stresemannstr. / Ecke Linkstr.)
20:00 Uhr: Platz vor dem S-Bhf. Hackescher Markt

Zur aktuellen Lage:
Seit 14 Tagen greift die israelische Armee mit unverminderter Härte den
Libanon an.

Die bisherige Bilanz dieses Rachefeldzuges sind mehr als 370 Tote, davon 330
Zivilisten (darunter ein Drittel Kinder). Es gibt Tausende Verletzte, mehr
als 800.000 Flüchtlinge, die in überfüllten Notunterkünften und öffentlichen
Parks darauf hoffen, dass man sich ihres Schicksals annimmt. Die Toten
werden in Massengräbern bestattet, da man keine Zeit für Beerdigungen hat,
oftmals gibt es auch keine Überlebenden, die ihre Familienangehörigen
bestatten könnten.

Kunstaktion: Totenstille

Mit der Aktion „Totenstille“, an der Berliner Künstler beteiligt
sind, soll die Mauer des Schweigens und der Unmenschlichkeit aufgebrochen
werden.

An dieser Aktion sind etwa 25 Künstler beteiligt. 16 von ihnen werden in
einer Reihe auf dem Boden liegen, eingehüllt in libanesische Fahnen. Ein
Zeichen für den vor 16 Tagen begonnenen Krieg. Die Darsteller verharren 30
Minuten lang unter der als Leichentuch umfunktionierten libanesischen
Flagge, im Gedenken an die bisherigen Opfer dieser Gewalt. Es sind anonyme
Tote, ihre Gesichter sieht man nicht. Von ihren Geschichten, ihren Namen,
Träumen, Sehnsüchten, Ängsten werden wir niemals erfahren. Was ist ein
Menschenleben wert? Was bedeuten Menschenrechte und für wen gelten sie?

Vor Ort stehen einige Künstler für Fragen bereit. Sie sind an ihrer
schwarzen Kleidung erkennbar und verteilen Flyer mit Informationen zur
derzeitigen Situation im Libanon und zur Straßenkunstaktion.

Mit der Aktion „Totenstille“ wollen wir auf die Dringlichkeit
eines sofortigen Waffenstillstandes aufmerksam machen und die weitere
Ermordung von Zivilisten im Libanon so schnell wie möglich stoppen.

Wäre gut, wenn wir alle schwarz gekleidet sind.

Falls Ihr nicht den ganzen Tag dabei sein könnt, ist das kein Problem. Wir
müssten nur wissen, wann wir mit Euch rechnen können. DESWEGEN BRÄUCHTE ICH
VON JEDEM NOCH EINE RÜCKMELDUNG!

Danke und bestem Gruß!




Damian

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liebe zeitgenossen,

hier also der tagesspiegel-artikel, von dem ich erzählte.

auch wenn er durch den jüngsten schwenk der aktuellen us-außenpolitik etwas relativiert erscheint, so fand ich an dem artikel interessant, wie er aus der israelischen politik ein stückweit relative vernunft glaubt herausfiltern zu können...

gruß hubert

http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/23.07.2006/2672868.asp#

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